Caro liest laut: MitGefühl von Magdalena Rogl

Caro liest laut: MitGefühl von Magdalena Rogl

Das Buch: MitGefühl von Magdalena Rogl 

Trauer-Topic: Trauer am Arbeitsplatz 

Trauer-Barometer: 1/5  

 

Trauer am Arbeitsplatz: Noch immer ein Tabu

Hat Trauer etwas am Arbeitsplatz verloren? Gut möglich, dass du als Leser*in dieses Magazins bereits überzeugt davon bist, dass das ja wohl keine Frage sein sollte. Im Großteil der deutschen Wirtschaft ist das jedoch leider nicht so. Mit unserer Trauerkultur setzen wir eher an den Fransen des flauschigen, großen Teppichs namens Tabu an – Hauptsache der bietet möglichst viel Platz, um Dinge zu verstecken. Einmal drunter gekehrt und weg. Sieht man nicht, gibt’s nicht. Wenn wir das weiterdenken, fällt uns auf: Das Ding ist noch viel größer. Nicht nur Trauer hat keinen eigenen Schreibtisch in den Büros deutscher Unternehmen. Emotionen aller Art sind als Besucher ebenso ungern gesehen. Nein, auch nicht mit Termin, sorry! Und da sind wir beim Thema von Magdalena Rogls Buch "MitGefühl"*. 

 

Magdalena Rogl: Für mehr Mitgefühl in der Arbeitswelt

Jetzt aber mal von Anfang an, schließlich habe ich euch mit einem Kopfsprung (oder “Köpper”, wie man bei mir zu Hause sagen würde) in dieses Buch manövriert: Magdalena Rogl ist 2016 als Head of Digital Channels bei Microsoft eingestiegen und dort mittlerweile Diversity & Inclusion Lead. Ganz besonders hat sie sich einen Namen gemacht, weil sie die “gute” alte Führungsmentalität hinterfragt. Die Art von Führung, die auf Distanz, Hierarchie und ein Höchstmaß an Professionalität (aka die Abwesenheit von Emotionalität im Arbeitsumfeld) Wert legt. Stattdessen setzt sich Magdalena Rogl auf diversen Bühnen für eine menschlichere Arbeitswelt ein. Und ihr Buch “MitGefühl” ist ein weiterer Schritt. Um eine größere Distanz zurückzulegen bei der Verbreitung ihrer Mission – für weniger Distanz zwischen den Menschen, die sich Vorgesetzte und Kolleg*innen nennen. 

 

Trauerkultur in Unternehmen: Zwischen Tabu und Offenheit

Die Kernbotschaft ihres Buchs: Emotionen sind im Job unverzichtbar. Und genauso emotionale Intelligenz – die Fähigkeit, die Emotionen von anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. 

 

“Arbeitnehmende sind nicht einfach nur Arbeitnehmende, sondern Menschen mit persönlichen und familiären Herausforderungen. Wenn Unternehmen den Zusammenhang zwischen diesen Dimensionen verstehen, können sie ihren Mitarbeitenden dabei helfen, sich individuell zu entfalten und ein größeres Maß an Menschlichkeit an den Arbeitsplatz zu bringen.” (S. 226) 

 

Ich persönlich finde beides total logisch. Als würde irgendjemand von uns als Roboter zur Arbeit gehen. Bitte geben Sie Ihren emotionalen Ballast einmal an der Eingangstür zum Büro ab, herzlichen Dank! Was ist das für ein Quatsch 

Erste Hilfe in der Trauer: Was wirklich hilft – und was nicht

Umso schwerer dürfte das fallen, wenn sich der Arbeitsweg auf 10 Schritte zur nächsten Tür (oder Sitzgelegenheit) beschränkt. Hello, Home Office. Dort, wo unser ganzes Leben uns vollständig umgibt. Da wüsste ich gern mal, in welchen Eckschrank die Emotionen dann geschoben werden, damit das alles schön professionell abläuft am Arbeitstag. Ihr seht schon, ich möchte nur zu gern doppelt und dreifach bestätigen, was Magdalena Rogl vorhat. Denn in vielen Büros wird immer noch erwartet, dass die professionelle Version unseres Selbst möglichst wenig Emotionalität mit zur Arbeit bringt.  

 

Trauer am Arbeitsplatz zulassen – aber nicht erzwingen

Es ist also wahnsinnig wichtig, dass diese kleine Kulturrevolution (wie Journalistin Düzen Tekkal die Arbeit von Magdalena Rogl bezeichnet) ausgetragen wird. Los los, bringt die Emotionen mit an den Schreibtisch. Sie sind unverzichtbar im Job! Und warum? Das wird in diesem Buch ausführlich erklärt – anhand internationaler Studien, praktischer Tipps (checkt mal die Resilienzliste auf S. 100) und vielen persönlichen Erfahrungen. 

 

“Die Managementforschung zeigt aber: Unternehmenskulturen, die Mitarbeitenden den Raum geben, ihre Emotionen und Erfahrungen offen zu teilen – sowohl die “positiven” als auch die “negativen” –, sorgen für mehr Produktivität sowie eine höhere Mitarbeiterbindung.” (S. 64) 

 

Und weil es uns hier ja besonders um Trauer geht, betrachten wir die natürlich auch: Dieses Buch ist kein Buch über Trauer. Es gibt einige Kapitel, in denen Trauer aktiv angesprochen wird, aber es ist nicht das Kernthema. Aber. Es ist super anwendbar auf die Frage, ob und wie man mit Trauer am Arbeitsplatz umgehen kann. Denn Trauer kommt ja nur zu gern mit einem Bauchladen daher, der prall gefüllt ist mit Emotionen – da ist alles dabei. Und um genau diese geht’s in dem Buch.  

 

MitGefühl von Magdalena Rogl: Ein Buch für mehr Menschlichkeit im Job

MitGefühl” wird wohl in keiner Buchhandlung in der Rubrik Trauer geführt werden. Aber es hilft uns zum Umgang mit Trauer am Arbeitsplatz ganz enorm weiter – insbesondere denjenigen, die erst noch verstehen wollen, warum die Trauer da hingehören darf. 

 

“Eine Studie der US-amerikanischen Management-Professoren Juan Madera und D. Brent Smith aus dem Jahr 2009 ergab jedoch, dass gezeigte Trauer zu besseren Beziehungen, höherer Loyalität und gesteigerter Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeitenden führt..” (S. 63) 

 

Das “darf” ist hier wichtig. Denn es geht nicht darum, alle Emotionen mitbringen oder teilen zu müssen. Von Trauernden wissen wir, dass viele ihren Arbeitsplatz gern als trauerfreie Zone ansehen – als den Ort, an dem sie für ein paar Stunden in den Pause-Modus schalten und die anhängliche Trauer etwas abschütteln können. Solche Orte können auch wichtig im Prozess der Trauerbewältigung sein. Keine Erinnerungen, keine Fragen und viele Arbeitsthemen, die den Kopf beschäftigt halten. Und auch das ist selbstverständlich okay. 

 

“Haltung ist ein wichtiger Teil von Leadership, aber wir sollten nicht vergessen, dass auch Zurückhaltung eine Haltung sein kann. Die Aufgabe von Unternehmen und Führungskräften ist es, eine Kultur zu schaffen, in der Raum für Emotionalität gegeben wird, dafür zu sorgen, dass dieser Raum offen ist, aber auch signalisiert: Ihr könnt, wenn ihr wollt, aber niemand muss.” (S. 238f.) 

 

Und so zeigt uns Magdalena mit diesem Buch wirklich schön, dass, wie sie selbst sagt, "Selbstmitgefühl erfolgreicher macht als Selbstdisziplin und wie wir unsere kritische innere Stimme in eine konstruktive verwandeln können.”  

 

Hier findest du "MitGefühl" von Magdalena Rogl bei Thalia.*

 

 

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Carolin Junge 

Caro ist ein kreatives Mastermind mit ganz viel Herz, das ganz besonders laut für Bücher schlägt. Da kommen mal locker 50 gelesene Bücher im Jahr zusammen – nur noch getoppt vom Stapel ungelesener Bücher, der einfach nicht aufhören will zu wachsen. Mit ihrem Unternehmen oh boy! und als Fachbuch-Autorin hat sie sich im Branding & Storytelling einen Namen gemacht. Als ausgebildete Trauerbegleiterin (VMN) hat sie außerdem das Büro Ciao gegründet, einen Creative Space in Sachen Trauer. Damit bringt sie frischen Wind und mehr Awareness in die staubtrockene Trauerkultur. Mit ganz neuen, kreativen Trauerprojekten holt sie das Tabu-Thema unter dem viel zu hohen Teppich hervor (Stay tuned!) und bringt Menschen dort mit Tod und Trauer in Berührung, wo es auf den ersten Blick "eigentlich gar nicht hingehört".

     

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