Caro liest laut: Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben? - Vergiss Mein Nie

Caro liest laut: Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben?

Das Buch: Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben? von Ralph Caspers

Das Trauer-Thema: Kindertrauer

Trauer-Barometer: 1/5 (fachlich, sachlich, genau richtig)

 

Ralph Caspers hat uns mit “Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben?”* einen Notfallplan für den Umgang mit Trauer bei Kindern und Jugendlichen kreiert. Oder wie er es auch nennt: “die Anleitung zum Umgang mit dieser außergewöhnlichen Situation (...), die mir bisher immer gefehlt hat.” (S.19). Für meinen Geschmack hat das Buch die perfekte Mischung aus “in der Kürze liegt die Würze” und trotzdem ist alles drin, was man wissen muss.

Für alle, die jemals dachten, sie könnten eine Checkliste gebrauchen – how to Trauer, aber richtig – kommt dieses Buch wohl am nächsten ran. Und zwar richtig, richtig gut gemacht. 

 

“Vorbereitung ist alles, das weiß jeder. Trotzdem trifft uns der Tod meist sehr unvorbereitet. Beim eigenen kann man nicht viel machen, außer vorher Ordner zu befüllen. Für alle anderen Tode und die Trauer, die sie mit sich bringen, ist dieses Buch gedacht. Es soll vor allem den Menschen eine Hilfe sein, die sich unsicher sind, wie sie trauernden Familien und vor allem trauernden Kindern begegnen sollen.” (S. 18)

 

Falls du Hilfe brauchst im Umgang mit einem Kind oder Jugendlichen in der Trauer, dich einfach für Trauer interessierst, oder gar (liebevoll gemeint) zur Trauer-Nerd-Bubble gehörst, die sich rund um die Uhr und gerne auch noch beruflich mit dem Thema beschäftigt: Lies das Buch (trotzdem)! Der Autor versteht es, klare Antworten auf die drängendsten Fragen zur Trauer zu geben, ohne endlose Ausschweifungen. Und dennoch steckt in diesem Trauerbuch ganz viel Wissen. Das könnte daran liegen, dass Ralph Caspers viel Erfahrung darin hat, sein Wissen knackig und ansprechend rüberzubringen – er ist nämlich aus Wissenssendungen für Kinder wie Sendung mit der Maus, Wissen macht Ah! oder Quarks bekannt.

Neben seiner mitreißenden Art zu schreiben, sorgt auch der Aufbau des Buchs für ein kurzweiliges Lese-Erlebnis. Ralph Caspers hat das Buch in drei Teile gegliedert. Teil 1 ist für Notfallpläne reserviert – und damit für die drängendsten Fragen (und Antworten), wenn der Tod überraschend kommt und die Ahnungslosigkeit über diesen ungebetenen Gast groß ist. Hier gibt es konkrete Fragen wie “Wie informiere ich ein Kind über einen Todesfall?”, “Darf man in der Trauerzeit auch Spaß haben?” oder “Was und wieviel kann man Kindern sagen? Wieviel Wahrheit vertragen Kinder?” Die Antworten auf diese Fragen sind im Buch immer klar, präzise und zielführend. Und dabei doch locker. Wie sympathisch, dass wir hier nicht plötzlich in eine distanziert-höfliche Tonalität verfallen, nur weil das Thema an sich leider wenig Lockerheit mitbringt. Und den entscheidenden Hinweis für den Umgang mit Trauer (egal ob bei Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen) gibt Ralph Caspers direkt zur Intro von Kapitel 1:

 

“Auf der nächsten Seite gebe ich kurze, konkrete Tipps, was in schwierigen Situationen besser ist als Schweigen und Distanz.” (S. 21)

 

Wir können das anders, als (wie oft üblich) zu schweigen und auf Distanz zu Trauernden zu gehen. Und das Buch zeigt uns wie. Ich fühle mich in diesem Buch richtig gut aufgehoben. Denn der Autor nennt die Dinge einfach beim Namen. Ganz simpel und verständlich formuliert, auf den Punkt. Ohne Trara. 

Der zweite Teil des Buchs widmet sich Informationen für konkrete Beziehungssituationen. Hier geht Ralph Caspers auf bestimmte Trauerfälle ein und den damit verbundenen Umgang mit Kindern in verschiedenen Altersstufen. Das heißt: Es gibt z.B. die Kapitel “Ein Elternteil verstorben” oder “Geschwisterkind verstorben”. Und darunter befinden sich Unterkapitel, die sich speziell auf den Umgang mit einem Kind im Babyalter, Kind im Kindergarten- oder Grundschulalter und Teenager, Jugendlichen und jungen Erwachsenen beziehen. Durch diese Aufteilung kommt es beim Lesen des Buchs immer mal wieder zu Wiederholungen, weil dieselben Informationen an mehreren Stellen relevant sind. Das ist vom Autor aber so gedacht, da er das Buch insbesondere für den Notfall konzipiert hat – für den Fall, dass das Buch gekauft wird, um Hilfe und Ideen für den Umgang mit einem trauernden Kind oder Jugendlichen zu finden. In diesem Fall kann der*die Lesende genau zu den Seiten springen, die für seine*ihre Situation zutreffen. In diesem Teil des Buches geht es in die Tiefe, hier werden die Antworten ausführlicher und bleiben trotzdem von vorne bis hinten greifbar.

Die Mischung aus fachlichen Informationen und praktischer Anwendbarkeit für jede und jeden gefällt mir richtig gut.

Und dann folgt Teil 3 für Häufige Fragen und weitere Informationen. Das klingt erst mal ein wenig sperrig. So ungefähr wie die Aussicht darauf, auf einer Website die FAQ zu lesen, die finde ich meistens auch eher semi-spannend. Aber Ralph Caspers versteht es wirklich gut, mich als Leserin spätestens in seinem Introtext zum Kapitel wieder vollkommen einzufangen und für sich und seine Idee einzunehmen.

 

“Wenn wir mit dem Tod konfrontiert werden, stellen sich darüber hinaus viele Fragen. Denn die meisten von uns haben das Thema bisher gemieden, so gut es eben ging. Das bedeutet: Auch die Elterngeneration weiß oft gar keine Antworten, weder auf die eigenen Fragen noch auf die der Kinder. Das geht vielen Menschen so.” (S. 183)

 

Aha! Jetzt hat er mich und ich warte nicht gähnend auf die FAQ-Seite, sondern mehr als gespannt auf mehr Wissen, mehr Infos, mehr von dem, was ich bisher noch nicht wusste. Die Fragen in dem Kapitel sind ganz unterschiedlicher Natur und reichen von “Was passiert zwischen Abholung der Leiche und Beerdigung?” über “Trauern Tiere auch?” und “Gibt es eine Seele? Wo ist die dann?” bis hin zu “Wie stirbt man durch …?”. Hier wird’s genauso vielseitig und spannend wie es klingt. Wirklich! 

“Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben?” ist ein Alles-kann-nichts-muss-Buch über den Umgang von Trauer – mit Fokus auf Kinder und Jugendliche, aber nicht nur.

Dieses Trauerbuch muss überhaupt nicht von vorne nach hinten gelesen werden. Es ist vor allem für den praktischen Einsatz gedacht und gemacht – wenn jemand Antworten auf die vielen Fragen braucht, die ein Verlust genauso wie der Umgang mit einem trauernden Kind aufwirft. Ich finde es weltklasse konzipiert und auch geschrieben. Und auch für Trauer-Nerds finden sich da sicher noch neue oder vertiefende Informationen. Und wenn nicht, ist es mindestens eine lehrreiche Lektion in Sachen “Wie können wir locker über Tod und Trauer sprechen, ohne den notwendigen Ernst nicht zu vergessen?”. Ein absolutes Must-read.


Hier findest du "Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben?" von Ralph Caspers bei Thalia.*

 

 

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Carolin Junge 

Caro ist ein kreatives Mastermind mit ganz viel Herz, das ganz besonders laut für Bücher schlägt. Da kommen mal locker 50 gelesene Bücher im Jahr zusammen – nur noch getoppt vom Stapel ungelesener Bücher, der einfach nicht aufhören will zu wachsen. Mit ihrem Unternehmen oh boy! und als Fachbuch-Autorin hat sie sich im Branding & Storytelling einen Namen gemacht. Als ausgebildete Trauerbegleiterin (VMN) hat sie außerdem das Büro Ciao gegründet, einen Creative Space in Sachen Trauer. Damit bringt sie frischen Wind und mehr Awareness in die staubtrockene Trauerkultur. Mit ganz neuen, kreativen Trauerprojekten holt sie das Tabu-Thema unter dem viel zu hohen Teppich hervor (Stay tuned!) und bringt Menschen dort mit Tod und Trauer in Berührung, wo es auf den ersten Blick "eigentlich gar nicht hingehört".

     

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