Wer in diesen Wochen durch die Stadt läuft, merkt schnell: Weihnachten ist eine öffentliche Angelegenheit. Lichterketten hängen über Straßen, Musik wabert aus Geschäften, der Kalender füllt sich mit Erwartungen. Nach außen wirkt alles klar geregelt. Innen sieht es oft anders aus.
Trauer in der Weihnachtszeit: ein Hindernislauf
Für viele Menschen, die trauern, fühlt sich diese Zeit weniger nach Besinnlichkeit an als nach einem zusätzlichen Parcours. Während der Alltag beschleunigt, werden Erinnerungen langsamer. Während alle Pläne machen, bleibt manches offen. Genau diese Verschiebung wollten wir in unserem neuen Schaufenster „Jump ’n’ Run durch die dunkle Zeit“ sichtbar machen.

Trauer als Spielfeld
Die Installation zeigt kein Gefühl, sondern Situationen, die Trauernden im Winter begegnen. Ein Spielfeld, angelehnt an klassische Arcade-Logiken wie Pac-Man: Man bewegt sich, sammelt Lichtpunkte, weicht Hindernissen aus und kommt doch immer wieder an denselben Stellen vorbei. Nicht, weil man etwas falsch macht, sondern weil es so funktioniert.
Typische Situationen im Trauer-Labyrinth
Zu sehen ist zum Beispiel der leere Stuhl. Er steht nicht symbolisch, sondern schlicht da. Ein Platz, der frei bleibt, auch wenn der Tisch voll ist. Daneben der Stein im Herzen, der nicht dramatisch inszeniert wird, sondern eher wie eine Dauerbelastung wirkt, die man mit sich herumträgt, während von außen Leichtigkeit erwartet wird.
Weihnachten, Jahreswechsel und rasender Stillstand
Dann gibt es die verknoteten Gefühle. Trauer kommt selten sortiert. Erleichterung, Wut, Müdigkeit, Dankbarkeit – alles gleichzeitig. Das gelogene Lächeln, das man aufsetzt, um nicht erklären zu müssen, gehört ebenso dazu wie die Tränen in einem Tränenstrudel, die manchmal unkontrolliert auftauchen aber dann überraschend entlastend sind. Ein weiteres Feld zeigt den Kalender, der ins Nichts weist. Weihnachten, Jahreswechsel, Neuanfang – große Begriffe, während man selbst noch versucht, den Tag zu strukturieren. Auch Einsamkeit taucht auf, nicht als Alleinsein, sondern als Gefühl, innerlich nicht mitzuhalten. Rasender Stillstand, während sich alles bewegt.
Energiefresser und „Happy New Old Grief“
Im Labyrinth finden sich außerdem Energiefresser: gut gemeinte aber übergriffige Nähe, zu viele Umarmungen, zu viel Mitleid, zu viele Erwartungen daran, wie man sich jetzt fühlen sollte. Und mittendrin steht „Happy New Old Grief“: Ein Silvesterfeuerwerk löst Trauer eben nicht auf.

Wie das Schaufenster entstanden ist
Gebaut wurde das Schaufenster aus Pappe, rund einem Kilo Heißkleber, etwa 180 Glühbirnen und 250m Geduld. Es will nichts erklären und niemanden belehren. Es zeigt, wie sich diese dunkle Winterzeit anfühlen kann, wenn man trauert – ohne Bewertung, ohne Lösungsvorschläge.
Auch das gehört zum Spiel.
Pac-Man übrigens springt nicht. Er läuft. Immer weiter. Vorwärts, rückwärts, nach oben, nach unten. Ohne Ziel, aber immer in Bewegung. Das erschien uns für diese Jahreszeit gar nicht so abwegig.
Noch bis Februar 2026 bei uns in Hamburg zu sehen.

