Frühmorgens hat Finni schon ihre Käfersammlung kuratiert: Sechs tote Marienkäfer, gefunden zwischen Kita und Kinderzimmer warten in einer liebevoll verzierten Streichholzschachtel auf ihren Einsatz. Zwei etwas ramponierte Exemplare kommen in die nähere Auswahl für eine feierliche Zeremonie. Wir warten noch auf die Gäste und das Fernsehteam. Dann kann die Käferbeerdigung beginnen.
Wie kann man Kinder vor Tod und Trauer, vor den großen Schmerzen des Lebens beschützen?
Indem man sie spielerisch vorbereitet, solange noch nichts passiert ist. Denn dann kann sich ein Wissensschatz um das eigene Bedürfnis rund um Trauerrituale bilden, der später im echten Krisenfall handlungsentscheidend ist.Kinder stärken – durch SpielKlar ist, Tod und Trauer lösen Schmerz aus und den kann man keinem Menschen, keinem Kind abnehmen. Wir denken einfach andersherum, daran, wie man das Krisen-Immunsystem des Kindes schon von klein auf stärken kann. Das funktioniert über einen liebevolles, geschütztes Zuhause – aber auch altersgerechte Aufklärung und Erleben soziokultureller Rituale der eigenen und anderer Kulturen. Wer sein Kind schützen will, indem er es vom Thema Tod und Trauer fernhält, der erschwert ihm letzten Endes, sich für Verlustthemen Strategien und Rituale zu entwickeln.
Trauerkultur besteht aus Ritualen
Rituale geben Halt, Handlungsanweisungen und Kraft im Trauerfall, sofern man sie kennt und sich ihrer Bedeutung bewusst ist, sie also für die einzelne Person „Sinn“ ergeben.
Das muss man aber erst mal lernen. Eine starke Erfahrung kann das nur werden, wenn das Lernen ohne Stress, Schmerz und Sorge passiert, also vor einem realen Trauerfall.
Lernen statt Vermeiden
Kinder bekommen viel mehr mit, als das die Eltern vielleicht glauben, wird etwas vor ihnen „geheimgehalten“, zum Beispiel die Beerdigung der Oma, kann das in der Fantasie zu einem angsteinflößenden Ereignis werden. Hier ist es wichtig, einen kindgerechten Weg zu finden über den Verlust und die Abschiedsrituale aufzuklären und gleichzeitig Schutz- und Rückzugsräume zu schaffen.
Beerdigung angstfrei üben
Lange vor einem Verlust kann man Beerdigung einfach üben. Am besten mit einem sympathischen aber nicht so kuscheligen Verstorbenen, einem toten Käfer, wie man sie öfters mal im Wald findet. Spinnen sind nicht so gut geeignet, da sie nicht so beliebt sind. Bitte die Übung niemals mit einem Haustier durchführen, denn das ist dann wiederrum zu emotional für alle Beteiligten und dadurch keine spielerische Übung mehr.
Käferbeerdigung: Eine Anleitung
Der Käfer soll nach allen Regeln der Kunst beerdigt werden. Dazu gehört auch ein Sammeln der Vorschläge aller Beteiligten, was nun zu tun ist. Hier ein paar Anregungen, die je nach Alter mehr weniger ausführlich diskutiert werden können. Das kann sehr schnell gehen. Manchmal ist eine Käferbeerdigung nach fünf Minuten bereits beendet.
- Wie hiess der Käfer und wie ist er gestorben?
- Hatte der Käfer Freunde, die eingeladen werden sollen?
- Wie sehen die Einladungen / Trauerkarten aus?
- Wie soll der Käfer beerdigt werden? Streichholzschachtel?
- Hatte der Käfer eventuelle eine besondere Religion und möchte lieber in ein Blatt gewickelt werden?
- Wer hält die Trauerrede? Vielleicht etwas singen?
- Wo soll das Grab sein? Was wäre ein geeigneter Ort?
- Brauchen wir Blumenschmuck?
- Machen wir einen Kranz? Was schreiben wir auf die Schleife?
- Brauchen wir ein Kreuz oder einen Stein oder beides?
- Was steht da drauf?
- Wo ist der Käfer jetzt?
- Letzte Worte
Do's & Dont's
Kinder sind starke Sinnsucher. Wenn es für sie keinen Grund gibt, eine Käferbeerdigung zu machen, dann tun sie das nicht. Es ist unsere Aufgabe, diese Möglichkeit anzubieten und im Vorfeld zu erklären, dass man etwas besonderes vorhat und ob da Interesse besteht. Die Kinder dürfen frei improvisieren, das bedeutet weder inhaltlich noch gestalterisch muss viel vorgegeben sein. Man braucht also keine Berge von Mal- und Bastelutensilien, es reicht, spontan auf die Reise nach einer kleinen Schachtel zu gehen, einen Stein fürs Grab aus der Erde zu ziehen.Es kann sein, dass das Kind sich an einem Punkt ausklinkt, das ist dann ein Zeichen, dass es genug vom Thema hat und das kann man dann auch einfach so hinnehmen. Das kann bereits nach ein paar Minuten so sein.Alle Ideen, die entstehen, sind perfekt. Bitte die Kinder einfach frei handeln lassen und nicht nach eigenem Wissen korrigieren.
Beerdigungen sind etwas sehr individuelles
Diese ganz besonders. Mehrere Kinder kommen oft in einen Gestaltungsflow, sie inspirieren sich gegenseitig mit ihren Ideen und sind sehr glücklich damit. Es kann sein, dass im Überschwung gleich eine zweite Käferbeerdigung durchgeführt wird.